Die Abenddämmerung war schon eingebrochen, als die drei Reiter durch den Nebel kamen und der Grenzposten sie das erste Mal sah. Drei Männer, gekalkt, in Fell- und Lederwesten eingehüllt, ritten im Trab von Norden kommend zu den ersten Siedlungen des Hags. Sie machten einen entspannten und zufriedenen Eindruck als sie von den Wachen aufgehalten wurden, ehe sie sie erkannten und weiter ließen. Also setzte sich auch der Grenzposten wieder auf seinen ihm angestammten Platz oberhalb der Siedlung auf einem Felsvorsprung und widmete sich dem Feuer.
Es sind die ersten Tage in den Bergen, an denen die Sonne scheint und Wärme die Täler flutet, in denen es die letzten Monate nur Schnee, Eis, bittere Kälte und Schatten gab. Die drei Reiter setzten ihren Weg fort, ritten durch weitere Dörfer, bis sie das am weitest abgelegene Dorf des Tals erreichten. Es liegt am Fuße eines Berges und ist für unerfahrene Reiter und diejenigen die die Straßen und Wege des Hags nicht kennen nur schwer zu erreichen. Eilig begrüßte sie der Wachhabende und teilte ihnen mit, dass sie schon erwartet wurden.
Sie ritten bis zum Ende des Dorfs, stiegen von ihren Pferden ab und gingen eine lange steinerne Wendeltreppe empor. An deren Ende angekommen kletterten sie die ein Stein gehauene Leiter hinauf ins Krähennest.
Das Krähennest. Eine in den Stein geschlagene Ebene, umrandet von einer Fülle an Bäumen, welche in alle Richtungen wuchsen. Die Tatsache, dass Bäume aus dem Stein heraus so hoch wachsen können würde den ein oder anderen Verwundern, doch käme ein Fremder ohnehin nicht bis hier hinauf. Dort, in einer Ecke, saß im Schatten eine Gestalt deren Gesicht mittels einer Maske welche einem Krähenschädel ähnelte. Die Gestalt war die einzige, die auf einem anständigen Stuhl saß, bedeckt von Federn. Um sie herum standen Menschen, gekleidet wie die Reiter, oder saßen auf Bänken, mit dem Kopf zur Gestalt gewandt.
„Ihr kommt spät“ sprach der Mann mit der Maske in einem genervten Ton und führte weiter aus: „Vor gut 6 Monden schickte ich euch an, nach Raurikor und die umliegenden Städte zu reisen und Informationen einzuholen. Seit ihr unterwegs seid hat sich viel getan. Was bringt euch dazu, so spät zu erscheinen? Ohne einmal von euch Hören gemacht zu haben?!“
„Verzeiht, mein Herr, Nornadiel. Wir wollten eher kommen, doch gab es zu viele Dinge in Hag Raurik, welche wir in Erfahrung bringen konnten. Wären wir früher abgereist, hätten wir weniger Informationen. Wir schickten einen Boten, doch kam dieser wohl nie an…? Wie dem auch sei. Das Land birgt etliche Gefahren. Wir haben die Spinnen besiegt, doch gibt es immer noch die Gefahr der Wendools, und eine weitere Gefahr tut sich im Norden auf. Orks wurden gesichtet, wie sie eine riesige Bestie jagten. Einem ganzen Swajut sollen sie das Fürchten gelehrt haben.“
„Orks? Es gab schon lange keine Berichte mehr von jenen, die mit unseren Ahnen einst Seite an Seite kämpften…“
„Ihr habt Recht mein Herr, und dennoch wissen wir aus sicherer Quelle, dass sie immer tiefer ins Land vordringen und es nur noch eine Frage der Zeit ist, dass Hag Raurik einen Zweifrontenkrieg bestreiten muss.“
„Was gibt es sonst noch, oder wollt ihr mir etwa sagen, das wäre alles gewesen?“
„Nachdem euer Bote den Kopf der Spinne zum Rat der Clans brachte, gab es ein Götterurteil. Die Götter entschieden zu unseren Gunsten und möchten uns wieder in Hag Raurik willkommen heißen, aber…“
„Aber?!“
„…aber es scheint, als wären die Clans nicht damit einverstanden. Gegen Ende diesen Mondes soll ein weiterer Rat der Clans stattfinden, vielleicht…“
„Schweigt still und meint nicht, mir Vorschläge machen zu müssen! Sagt den Kriegern, sie sollen sich bereit machen. Schickt eine Hand voll Krähen voraus, sie sollen die Augen offen lassen. Holt Mordrak – ich werde ihn zum Rat schicken bis Helskava bereit ist."