Irgendwo in einem Sippendorf in Hag Raurik. An einem frühsommerlichen Abend sitzt ein Skalde am Lagerfeuer; um ihn scharen sich Alt und Jung, um seinen Geschichten zu lauschen. Und so erzählt der Skalde die Legende von Rauros, dem silbernen Waldlöwen und seinem Widersacher Borgrimm, den schwarzen Bären
Die Legende von Rauros, dem silbernen Waldlöwen
Einst, in grauer Vorzeit, wandelten die Götter und ihre Kinder und Kindeskinder in den Gefilden der diesseitigen Welt. So auch Cernunnos, genannt der Hirschköpfige, der Wilde, der Fruchtbare und der Herr der Wälder. An seiner Seite schritt beizeiten Rauros, der prächtige Waldlöwe, der ihn auf seiner Wilden Jagd durch den Forst begleitete. Mit einem Fell von silbernem Weiß, bewehrt mit Krallen, so lang wie Dolche und Fänge, so spitz wie Pfeile, war er Cernunnos stets ein treuer Gefährte im Kampfe. Rauros' Heimat, wo er sich von den Kämpfen an Cernunnos Seite erholte und den Frieden und die Stille des Forstes genoss, waren die licjhten Wälder nördlich des Drachenkamms.
Indes, die Herrschaft des silberweißen Löwen über die Wälder ward nicht unangefochten: Tief in den dunklen Tannen, wo ewiger Nebel durch das Unterholz wallt, streifte Borgrimm, der schwarze Bär, durch die dichten Schwaden. Seit Anbeginn der Zeit war Borgrimm, grausam und mit nimmer endendem Durst nach dem Blute seiner Opfer der Widersacher Rauros`. Wann immer sich die Wege des Löwen und des Bären kreuzten, kam es zwischen ihnen zum unerbittlichem Kampf. Einen Sieger gab es dabei nie, waren Rauros und Borgrimm sich doch ebenbürtig. Und so fochten sie stets, bis sie beide aus tiefen Bissen und Kratzern blutend zusammenbrachen. Alsdann kroch ein jeder in seine Höhle, um die erlittenen Wunden zu lecken und heilen zu lassen.
Noch heute sagt man sich, tragen die beiden Urgewalten ihren ewigen Kampf aus, wenn ein Gewitter am Firmament tobt: Die Blitze sei das Fauchen Rauros, derweil der Donner das Grollen Borgrimms sei.